Get in touch
555-555-5555
mymail@mailservice.com

Am Nachmittag des 3. September 1915 befand sich das Marine-Luftschiff L 10 auf der Rückfahrt zu seinem Stützpunkt Nordholz in der Nähe von Cuxhaven. Eine rund zehnstündige Aufklärungsfahrt über der Nordsee ging zu Ende. Kapitänleutnant Klaus Hirsch, der Kommandant des Schiffes, ließ eine funkentelegraphische Meldung absetzen und die Landung in Nordholz für 15.30 Uhr ankündigen. Dort wartete nun pünktlich die Haltemannschaft, die Blicke aller Männer richteten sich nach Norden in Richtung Cuxhaven.
Von dort aus wurde das Luftschiff erwartet,  aber dort stand auch eine dicke, schwarze Gewitterfront. Blitze zuckten in schneller Folge, Donnerrollen war zu hören. Das Risiko durch die Gewitterfront zu fahren war dem Kommandanten des sich annähernden Luftschiffs sicher bewusst. Außerdem hatten die Kommandanten der Luftschiffe von der Marineleitung die Anweisung, Gewitter nach Möglichkeit zu umfahren.
Kommandant Klaus Hirsch aber entschied sich damals offenbar dafür, dieses Gewitter direkt zu durchfahren…
Plötzlich war von Nordholz aus zu sehen, dass am Himmel eine Wolke wie ein Lampion gespenstisch flackernd feuerrot aufleuchtete, gefolgt von einer dunklen Rauchwolke, die sich schnell abwärts bewegte. Den Augenzeugen war sofort klar, was geschehen war. Die L10 war vom Blitz getroffen und daraufhin brennend abgestürzt!  Die Aufschlagstelle lag in der Nähe der Insel Neuwerk auf dem Steilsand, wo die L10 ins flache Wattenmeer gefallen war. Das Wrack brannte unter heftiger Rauchentwicklung noch einige Zeit weiter, die Besatzung hatte dabei keine Überlebenschance.
Weitere Augenzeugen der Katastrophe waren Teile der Besatzung des Linienschiffes SMS. Deutschland auf der Elbe, denen auch das einzige Foto des abstürzenden Luftschiffs gelang. Aber auch Bewohner der Orte an der Küste, sowie die Soldaten der Küstenbatterien mussten das Drama verfolgen, ohne helfen zu können. Der Kommandant eines auf der Elbe patronierenden Vorpostenbootes fuhr sofort zur Unglücksstelle, die er nach gut einer Stunde erreichen konnte.
Er arbeitete sich durch die verkeilten Trümmer zur Führergondel des Luftschiffs vor, brach die klemmende Tür auf, fand aber nur eine Lederjacke mit den Dienstgradabzeichen eines Obersteuermanns.

Absturzstelle der L10 auf dem "Steilsand". Eine heutzutage hohe sandige Wattfläche vor Döse/Duhnen die immer noch existiert. Leider lässt sich die genaue Position des damaligen Unglücksortes bislang nicht genau fixieren.

Am Tag danach:
Aus einem überfliegenden Marineluftschiff wurde dieses Foto aufgenommen. Mit Barkassen versuchen Marineangehörige vom abgestürzten Luftschiff L10 zu retten, was zu retten ist.

Quelle: Claus Seedorf

Keiner der 20- köpfigen Besatzung der L10 überlebte diesen Absturz, die Männer waren zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Am nächsten Morgen begann die Suche nach den Leichen und die Bergung der Trümmer. Nur elf der 20 Toten konnten geborgen werden.  In den Chaos wurde auch der Höhenschreiber von L 10 gefunden,  auf ihm war noch abzulesen, dass das Luftschiff kurz vor dem Absturz in einer Höhe von 730 Meter gefahren war.
Die Absturzursache lag zwar auf der Hand, über die näheren Umstände und die Beweggründe für die Entscheidungen des Kommandanten konnte aber nur spekuliert werden. Kapitänleutnant Hirsch hatte sich wie gesagt entschlossen, trotz des hohen Risikos die Gewitterfront zu durchfahren, in der L 10 dann, aus welchem Grund auch immer - die Prallhöhe überstieg.
Hierbei entwich das durch die Überdruckventile abgeblasene Wasserstoffgas und mischte sich mit der Außenluft. Bei diesem Vorgang entsteht Knallgas, das vermutlich von einem Blitz entzündet wurde und der Katstrophe ihren Lauf gab. Aus diesem Grund sollten die Luftschiffe generell nicht durch diese Unwetterzellen fliegen oder wenn nicht möglich, so tief darunter hindurch, wie möglich. Damit sollte verhindert werden, dass die Prallhöhe nicht unterschritten wird und ein Ablassen des Traggases damit unterbleibt. Allgegenwärtige fahrtechnische Probleme, wenig zuverlässige Wettervorhersagen, physische und psychische Belastungen durch die langen Einsätze und nicht zuletzt der ständige Entscheidungsdruck auf den Schultern der Kommandanten, ließen Theorie und Praxis aber oft auseinander klaffen. Ein weiterer schwerer Schlag war zudem, dass L 10 eines der modernsten Luftschiffe der Marine zur damaligen Zeit überhaupt war.


L 10 (LZ 40) war der erste Zeppelin mit vier Antriebsmotoren, statt wie bisher drei Gondeln. Antrieb. Das Luftschiff gehörte zum Klasse P, von dem insgesamt 21 Luftschiffe gefertigt wurden. Davon wurden zehn an das Heer und elf an die Marine ausgeliefert.
Gebaut wurde es bei der Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen am Bodensee. Am 13. Mai 1915 absolvierte L 10 seine Erstfahrt und wurde vier Tage später in Dienst gestellt. Im Anschluss wurde es nach Nordholz überführt, von wo aus es seine zukünftigen Einsatzunternehmen startete. Bis zu jenem 3. September 1915 unternahm das Luftschiff 29 Feindfahrten, darunter auch fünf Angriffsfahrten gegen die Britischen Inseln. Das Unglück war der erste Verlust eines Marineluftschiffes mit toten Besatzungsmitgliedern. Dass der Absturz von L 10 ein Unfall war, macht die hohen Risiken deutlich welche die Luftschiffbesatzungen im Fahrbetrieb auch außerhalb von Kampfhandlungen eingingen.  An die Toten des Unglücks erinnert ein Gedenkstein auf dem Friedhof in Cuxhaven - Ritzebüttel, auf dem die Namen der Besatzung stehen. Alle gefundenen Opfer wurden auch dort beigesetzt.
In Nordholz errichteten die dort stationierten Marineluftschiffer aus Trümmerteilen der L10 ein Ehrenmal für ihre gefallenen Kameraden. Heutzutage ist die allerdings nicht mehr vorhanden.

 Technische Daten des Luftschiff L10 (LZ 40):

  • Luftschiff-Klasse P
  • Länge: 163,5 Meter
  • Größter Durchmesser: 18,7 Meter
  • Volumen: 31 900 Kubikmeter
  • Leergewicht: 20 800 Kilogramm
  • Antrieb: vier Maybach CX, Sechszylinder-Reihenmotoren,
    je 210 PS (154,45 KW)
  • Höchstgeschwindigkeit: 96 km/h
  • Reichweite: 4300 Kilometer
  • Dienstgipfelhöhe: 2800 Meter
  • Nutzlast 15 Tonnen
  • Traggas: Wasserstoff

Quelle: Claus Seedorf


L 10 vor eine der Nordholzer Hallen

Quelle: Claus Seedorf

Aus Trümmerteilen der L10 bauten Angehärige der Marine Luftschiffer in Nordholz vor dem Stabsgebäude dieses Denkmal an die verunglückten Kameraden.

Quelle: Claus Seedorf

Eine ähnliche Fahrt durch ein Unwetter über der Nordsee beschrieb Leutnant zur See Hans von Schiller. Dieser war nach dem L10 Unglück an Bord des Luftschiffes L11 als Wachoffizier eingesetzt. Sein Bericht über die damalige Fahrt lautet wie folgt: 

„Die Blitze flammen in ganzen Flächen auf. Ein gewaltiger Schlag betäubt mir das Ohr und füllt das Innenschiff mit blendendem Licht, ein Blitz ist hart am Zepp vorbei in die See gefahren. Der Mann am oberen Ausguck telefoniert herunter, daß die Mündungen seiner Maschinengewehre Funken sprühen.

Ich klettere durch den Steigschacht hinauf, um nachzusehen, was da los ist. Zu meiner Überraschung finde ich die Plattform hell erleuchtet. Inmitten dieser Helle sitzt, bis auf die Haut durchnäßt, der Posten und hat einen regelrechten Heiligenschein um den Kopf. Bergsteigern ist die sonderbare Erscheinung nicht unbekannt, ebensowenig den Schiffern, man bezeichnet sie als Elmsfeuer. Auch das Duraluminiumgerüst der Hülle ist mit Elektrizität geladen und sprüht an allen Verbindungspunkten, Kanten und scharfen Ecken. Wenn wir aus der Führergondel nach oben sehen, können wir uns selber davon überzeugen, wie die Elektrizität aus allen vorstehenden Punkten Funken schlägt. Drähte und Kabel glühen in blauvioletten Farbtönen, ein wunderbarer Anblick, nur sind wir nicht recht in der Lage, uns daran zu freuen. Denn unsere Leute torkeln wie betrunkene Seiltänzer auf dem schmalen Metallsteg, und unser aller Leben hängt davon ab, daß jetzt kein Wasserstoffgas aus den Zellen austritt, während alle zwei Sekunden ein Blitzstrahl sozusagen auf Armlänge vorbeifährt.“

Führer des Luftschiffs L 10, Kapitänleutnant Klaus Hirsch. Geb. 23.06.1885 -  Gef. 03.09.1915, Alter 30 Jahre.

Der Gedenkstein der Besatzung von L10 auf dem "Friedhof Ritzebüttel". Die geborgenen Opfer dieses Unglücks, wurden auch hier auf dieser Ruhestätte beigesetzt.

Quelle: M.B.-2024

Quelle: Claus Seedorf


Share by: